Ohrenschmerzen stammen nicht immer vom Ohr selbst. In einigen Fällen sieht das Ohr völlig normal aus, aber die Person verspürt starke Schmerzen. Der Grund dafür ist, dass das Nervennetzwerk in Kopf und Hals gemeinsam ist. „Der Nerv ist das Kabelsystem des Körpers. Denken Sie an ein Stromkabel; es trägt die Nachricht von einem Ort zum anderen.“

Ein Problem, das von den Zähnen, dem Kiefergelenk, dem Hals oder dem Nacken ausgeht, kann über dieselben Nervenbahnen auf das Ohr ausstrahlende Schmerzen verursachen. Dieser Zustand wird als „referred otalgia“ bezeichnet.

Im Folgenden finden Sie die häufigsten Ursachen für ausstrahlende Schmerzen, wenn keine Erkrankung im Ohr festgestellt wird, detailliert und verständlich:

1. Zahnkaries und Zahnfleischerkrankungen

Die Zahnnerven im Mund sind mit dem Trigeminusnerv verbunden, der die Umgebung des Ohres versorgt.
Daher können:

  • Tiefe Karies
  • Fortgeschrittene Zahnfleischentzündung
  • Zahnabszesse
  • Weisheitszahnprobleme

pochende, stechende oder diffuse Schmerzen im Ohr verursachen.
Die Schmerzen nehmen in der Regel nachts zu, werden durch Hitze-Kälte ausgelöst und können auf den Kiefer ausstrahlen.

Wann sollte man Verdacht schöpfen?
Empfindlichkeit beim Öffnen und Schließen des Mundes, Schmerzen beim Drücken auf einen bestimmten Zahn, Unbehagen beim Kauen.

2. Kiefergelenk (TMJ) Störungen

Das Kiefergelenk ist anatomisch sehr nahe am Ohr.
Stress, Zähneknirschen/Bruxismus, Schlafstörungen und Bissprobleme in der Zahnstruktur können zu Verschleiß im Gelenk oder Muskelkrämpfen führen.

Symptome:

  • Tiefer und dumpfer Schmerz neben dem Ohr
  • Zunahme beim Kauen, während des Gähnens
  • „Klick“- oder „Einklemmgeräusch“ beim Öffnen und Schließen des Kiefers
  • Steifheit im Kiefer morgens

In diesem Fall sieht das Ohr völlig normal aus, aber der Schmerz kann sehr stark empfunden werden.

3. Nackenmuskelverspannungen und Haltungsstörungen

Wenn sich die Muskeln, die die Halswirbel umgeben, besonders der Trapezmuskel und der Sternocleidomastoideus-Muskel, verspannen, können Schmerzen auf das Ohr ausstrahlen.

Bei wem kommt es häufig vor?

  • Bei Menschen, die lange am Computer arbeiten
  • Bei denen, die das Telefon lange Zeit nach vorne gebeugt benutzen
  • Bei denen, die stressbedingte Muskelverspannungen erleben
  • Bei denen, die nach dem Sport überlastet sind

Klinisches Merkmal:
Der Schmerz nimmt in der Regel bei Nackenbewegungen zu und hat die Form eines Drucks, der hinter das Ohr ausstrahlt.

4. Neuralgien (Trigeminus-, Glossopharyngeus-, Vagus-Nerv)

Es ist die Erzeugung von plötzlichen und heftigen Schmerzattacken durch einige Nerven in Kopf und Hals.
Da das Ohr in enger Nachbarschaft zu den Ästen dieser Nerven steht, sind ausstrahlende Schmerzen häufig.

Trigeminusneuralgie

Erzeugt kurze Attacken im Stil eines elektrischen Schlags im Gesicht. Kauen, Sprechen oder Berühren des Gesichts lösen den Schmerz aus.

Glossopharyngeusneuralgie

Der Schmerz ist normalerweise in Form einer scharfen Linie zwischen Hals, Rachen und Ohr.
Er wird durch Schlucken und Husten ausgelöst.

Vagusnerv-Schmerzen

Können tiefere, dumpfe und schwer zu erklärende Ohrenschmerzen verursachen. Werden besonders bei Reizungen im unteren Teil des Halses beobachtet.

5. Mandelentzündungen (Tonsillitis, Peritonsillärer Abszess)

Die Mandeln erhalten Stimulation von Bereichen nahe dem Ohr über den Glossopharyngeusnerv.
Daher manifestiert sich eine Infektion im Hals oft mit einseitigen Ohrenschmerzen.

Begleitsymptome:

  • Starke Schmerzen beim Schlucken
  • Schwierigkeiten beim Öffnen des Mundes
  • Fieber
  • Mundgeruch
  • Lymphknotenschwellung am Hals

Wenn sich ein peritonsillärer Abszess entwickelt, werden die Schmerzen viel intensiver und strahlen oft auf das Ohr aus.

6. Zungengrund-, Rachen- oder Kehlkopftumoren

Sollte bei Personen über 40 Jahren mit Raucher- und Alkoholanamnese unbedingt bedacht werden.
Diese Tumoren können im Frühstadium symptomlos sein, aber einseitige, hartnäckige und unerklärliche Ohrenschmerzen gehören zu den wichtigsten Warnzeichen.

Weitere Warnzeichen:

  • Heiserkeit
  • Schluckbeschwerden
  • Halsmasse
  • Gewichtsverlust
  • Blutiger Auswurf oder Blutungen aus dem Mund
  • Anhaltende Halsschmerzen

Wenn daher Otalgie vorliegt und das Ohr normal aussieht, müssen die oberen Atemwege und der Hals unbedingt einer detaillierten endoskopischen Untersuchung unterzogen werden.

7. Eagle-Syndrom (Verlängerter Processus styloideus)

Tritt auf, wenn der normalerweise kleine Processus styloideus verlängert ist oder das Ligamentum stylohyoideum verkalkt ist.
Kann drückende, tiefe und manchmal auf Kiefer-Rachen-Ohr ausstrahlende Schmerzen verursachen.

Symptome:

  • Ohren- und Gesichtsschmerzen, die beim Schlucken zunehmen
  • Beschwerden, die durch Nackenbewegungen ausgelöst werden
  • Völlegefühl im Ohr
  • Empfindlichkeit im Tonsillenbereich bei intraoraler Untersuchung

Die Diagnose wird mittels CT gestellt und die Behandlung ist bei korrekt ausgewählten Patienten recht erfolgreich.

Wann Sollten Sie Einen Arzt Aufsuchen?

In folgenden Situationen sollten Ohrenschmerzen unbedingt von einem HNO-Spezialisten bewertet werden:

  • Wenn bei der Untersuchung kein Problem im Ohr gefunden wurde
  • Wenn die Schmerzen länger als 3–5 Tage anhalten
  • Wenn sie einseitig und hartnäckig sind
  • Wenn sie beim Schlucken, Sprechen oder Kauen zunehmen
  • Wenn Halsschmerzen, Gewichtsverlust oder Halsmasse begleiten
  • Wenn es eine Raucher- und Alkoholanamnese gibt

Beurteilung mit Prof. Dr. Gediz Murat Serin

Ausstrahlende Ohrenschmerzen können, wenn sie nicht richtig diagnostiziert werden, lange andauern und die Lebensqualität verringern. Selbst wenn das Ohr völlig normal aussieht, kann die Quelle der Probleme in einem sehr breiten Spektrum liegen. Daher sind endoskopische Untersuchung, Halsbewertung, Zahn-/Kiefergelenkanalyse und bei Bedarf Bildgebung für die Diagnose von entscheidender Bedeutung.

 

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